Im dritten und letzten Teil des Sauerteig-Projekts geht es nun darum, den selber gezogenen Sauerteig zu hegen, zu pflegen und auch für den nächsten und übernächsten Backtag am Leben zu erhalten. Mit der richtigen Pflege kann der einmal angesetzte Sauerteig sogar über Jahre und Jahrzehnte zum Backen von gutem Brot verwendet werden.
Möglich macht das ein sogenanntes „Anstellgut“. Auf diese Weise hat man immer die Basis für aktiven Sauerteig zur Verfügung und kann auch ohne den 5tägigen Sauerteig-Ansatz stets selber gutes Sauerteigbrot backen.
Für das Anstellgut werden 10 g vom fertigen, frisch angesetzten Sauerteig (siehe → Teil 2: Sauerteig selber ansetzen) mit 50 g vom jeweiligen Mehl (Roggenmehl Type 1370 oder Weizenmehl Type 1050) und 50 g Wasser verrührt. Diesen Teig nun in ein absolut sauberes Glas füllen, gut verschließen und für 6 bis 8 Stunden bei Raumtemperatur stehen lassen. Die Dauer hängt von der Umgebungstemperatur und von der Aktivität der Sauerteigkultur ab. Wichtig ist, dass die Sauerteigkulturen Zeit haben sich zu vermehren und den frischen Teig zu besiedeln. Wenn sich das Teigvolumen deutlich vergrößert hat und das neue Anstellgut wieder angenehm säuerlich riecht, muss die Aktivität der Mikroorganismen unterbrochen bzw. verlangsamt werden. Dafür kommt das Anstellgut in den Kühlschrank.
Nach ca. 7 Tagen muss das Anstellgut wieder aufgefrischt werden. Nach meiner Erfahrung kann ein Anstellgut vom Roggensauerteig auch etwas länger im Kühlschrank aufbewahrt werden, Weizensauerteig verträgt das weniger gut. Dieser riecht nach über einer Woche sehr sauer und es bildet sich teilweise eine gräuliche Oberfläche, auf der sich eine klare Flüssigkeit absetzt. Zwar lässt er sich auch in diesem Stadium in der Regel noch auffrischen, aber mit einem 7tägigen Rhythmus ist man auf jeden Fall sowohl beim Anstellgut vom Weizen- als auch vom Roggensauerteig auf der sicheren Seite.
Das Bild unten zeigt Anstellgut vom Weizensauerteig nach einer Woche im Kühlschrank (links) und nach zwei Wochen (rechts).
Zum Auffrischen werden 10 g Anstellgut aus dem Kühlschrank mit jeweils 50 g Mehl und Wasser verrührt. Diesen Teig in ein sauberes Glas füllen und gut verschlossen für abermals 6 bis 8 Stunden bei Raumtemperatur ruhen lassen. Im Anschluss daran kann dieses frische Anstellgut wieder für bis zu einer Woche im Kühlschrank gelagert werden.
Der Rest des alten Anstellguts kann entsorgt oder als Aromageber mitverbacken werden. Das schmeckt sogar im Kuchen, wie beim locker-luftigen → Zuckerkuchen von Lutz Geißler.
Damit das Anstellgut im Kühlschrank nicht austrocknet, unbedingt darauf achten, dass das Glas fest verschlossen ist. Außerdem ist es wichtig, wo die Gläser im Kühlschrank stehen. Bei mir hat sich die Tür als ideal erwiesen. Hier aufbewahrt riecht das Anstellgut nach einer Woche Lagerung sehr angenehm und aromatisch. Viel besser, als wenn es an einer kälteren Stelle im Kühlschrank stehen würde. Wird es zu kalt aufbewahrt, setzt sich zudem leicht klare Flüssigkeit auf der Oberfläche ab.
Wer sein Anstellgut nicht wöchentlich auffrischen kann oder möchte, hat laut Literatur zwei geeignete Möglichkeiten seinen Sauerteig trotzdem am Leben zu erhalten. Beide basieren darauf, das frei verfügbare Wasser für die Mikroorganismen zu reduzieren. Erstens kann der Mehlanteil beim Auffrischen erhöht werden. Auf diese Weise soll das Anstellgut im Kühlschrank aufbewahrt mehrere Wochen haltbar sein. Zweitens kann der Sauerteig auch komplett getrocknet werden. Kühl, dunkel und luftdicht aufbewahrt hält sich dieser Trockensauer angeblich über Jahre.
Auch wenn ich mein Weizen- und Roggen-Anstellgut wöchentlich auffrische, habe ich trotzdem von beiden ein Glas Trockensauerteig im Küchenschrank stehen. Einfach um ein Notfall-Backup parat zu haben, sollte mit dem aktiven Anstellgut im Kühlschrank mal etwas schief gehen.
Um aus dem eigenen Sauerteig einen haltbaren Trockensauer zu machen, nehme ich eine Portion Anstellgut (110 g) 1-2 Tage nach dem Auffrischen aus dem Kühlschrank und gebe es in die Mitte von einem großen Bogen Backpapier. Nun das Backpapier einmal falten und das Anstellgut gleichmäßig dünn mit der Hand bis zum Rand des Papiers verstreichen. Das gefaltete Backpapier wieder auseinanderziehen und das Anstellgut 2-3 Tage bei Raumtemperatur durchtrocken lassen. Den Trockensauerteig zu Plättchen zerkleinern und in einem gut verschließbaren Glas aufbewahren. Um aus dem Trockensauer wieder einen aktiven Sauerteig zu machen, einfach mit etwas Wasser anrühren und vor dem ersten Backen noch mindestens einmal auffrischen.
Update Februar 2016:
Ich habe nun schon mehrmals versucht, verschiedene Trockensauerteige (Alter bis zwei Jahre) zu reaktivieren. Bislang leider ohne Erfolg. Auch nach mehrmaligem Auffrischen konnte ich weder Bläschenbildung, noch eine Volumenzunahme und auch keine merkbare Säuerung feststellen.
Eine weitere Methode zum Haltbarmachen von Sauerteig ist der Krümelsauer. Dafür wird Anstellgut mit so viel Mehl vermengt, bis daraus Streusel werden. Im Kühlschrank gelagert soll so die Aktivität über Monate erhalten bleiben. Sobald ich Erfahrungen mit Krümelsauer gesammelt habe, berichte ich natürlich an dieser Stelle darüber.
Was sind eure Erfahrungen mit Trockensauerteig und/oder Krümelsauer?
→ Projekt Sauerteig, Teil 1 – theoretische Grundlagen
→ Projekt Sauerteig, Teil 2 – Sauerteig selber ansetzen